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BVwG: Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, Bestätigung der Rückkehrentscheidung und der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan


„Eine auf das gesamte Staatsgebiet bezogene ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts liegt angesichts der sich aus den Länderberichten ergebenden aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan daher nicht vor. […] Baghlan, die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, [ist] jeweils in (IPC) Stufe 3 eingeordnet. […] Der volljährige Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig und hat den weit überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens in Afghanistan verbracht, dort eine zwölfjährige Schuldbildung absolviert und Berufserfahrung als Taxilenker, sodass er seinen Lebensunterhalt im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wieder – wie vor seiner Ausreise – bestreiten könnte. Er verfügt im Herkunftsland über ein tragfähiges weites familiäres Netzwerk dergestalt, dass zumindest sein Vater und Geschwister sowie mehrere Onkel und Tanten in Baghlan leben und es besitzt seine Familie in seinem Heimatdorf in Baghlan ein Haus sowie ein Geschäft und hat auch Geld. […] dass die persönliche Lebenssituation der Familie des Beschwerdeführers sich weit besser gesichert dargestellt hat, als es der Einstufung seiner Herkunftsregionen Baghlan in der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) in der Phase 3 (Krise) entspricht.“

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste spätestens im Juli 2015 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.10.2018, W259 2155441-1/24E, rechtskräftig vollinhaltlich abgewiesen wurde. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan wurden darin rechtskräftig bestätigt.

Am 14.08.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, welcher wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2020, W262 2155441-2/3E, rechtskräftig vollinhaltlich abgewiesen.

Am 31.10.2023 stellte der Beschwerdeführer einen erneuten Folgeantrag, seinen insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz, im Bundesgebiet.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Es wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG festgestellt, gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt, der Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt, gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG erlassen, sowie der Verlust des Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs. 2 Z 3 AsylG ausgesprochen.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit  Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.03.2024, W192 2155441-4/10E, vollinhaltlich abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde umfangreich dargestellt und begründet, dass sich die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan verbessert habe. Wenngleich nicht verkannt werde, dass die wirtschaftliche und humanitäre Lage in Afghanistan angespannt seien, ergebe sich für die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, Baghlan, IPC Stufe 3. Im Jahr 2023 sei eine leichte Erholung der wirtschaftlichen Situation in Afghanistan sowie ein Rückgang der Inflation feststellbar gewesen. Der Afghani stabilisiere sich. Hinsichtlich der individuellen Situation des Beschwerdeführers sei auszuführen, dass dieser gesund und arbeitsfähig sei sowie den überwiegenden Teil seines Lebens in Afghanistan verbracht habe, wo er eine 12-jährige Schulbildung erfahren und Berufserfahrung als Taxilenker gemacht habe. Er könnte daher seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat neuerlich durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bestreiten und verfüge ebendort über ein tragfähiges weites familiäres Netzwerk. Sein Vater und seine Geschwister, mehrere Onkel und Tanten würden in Baghlan leben und besitze seine Familie im Heimatdorf ein Haus sowie ein Geschäft. Seine Familie habe auch Geld. Die persönliche Lebenssituation der Familie des Beschwerdeführers stelle sich als weit besser gesichert dar, als es der Einstufung der Herkunftsregion des Beschwerdeführers in Baghlan in der Phase 3 (Krise) entspreche. Dem BFA sei daher insgesamt zuzustimmen, wenn dieses im angefochtenen Bescheid ausführt, dass im Falle des Beschwerdeführers aufgrund seines persönlichen Profils keine außergewöhnlichen exzeptionellen Umstände vorliegen würden, die seine Rückkehr nach Afghanistan an seinen Herkunftsort in Baghlan unzumutbar erscheinen lassen.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei eine Verfolgungsgefahr in Afghanistan seitens der Taliban glaubhaft zu machen. In Afghanistan habe sich, folge man etwa den aktuellen Länderberichten der Staatendokumentation (Version 10) wie auch den anderen aktuellen beigezogenen Berichten (EUAA, Afghanistan Country Focus, vom Dezember 2023; EUAA Country Guidance: Afghanistan, January 23), die allgemeine Sicherheitslage seit der Machtübernahme durch die Taliban im Jahre 2021 durchwegs verbessert. Die seinerzeit im Update der EASO Country Guidance Afghanistan aus November 2021 angesprochene – für frühere behebenden Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs maßgebliche – nicht beurteilbare Situation im Hinblick auf Art 15 [lit.] c der Statusrichtlinie liege nicht mehr vor [Anmerkung der Redaktion: siehe ausführlich dazu in der Beweiswürdigung]. Insbesondere kämen Anschläge und Übergriffe auf Personen, die nicht aufgrund ihrer politischen oder religiösen Haltung oder ihrer (beruflichen) Tätigkeit besonders exponiert seien, im Alltag praktisch nicht mehr vor. Die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan vermöge daher im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers, der nicht zu einer dieser Gruppen gehöre, die Annahme des Vorliegens einer realen Gefahr („real risk“) nicht zu rechtfertigen.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergebe sich, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan in einem Haus seiner Familie in Baghlan wohnen und er angesichts der guten finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Familie von dieser auch sonst unterstützt werden könnte. Zudem wäre es dem volljährigen und gesunden Beschwerdeführer möglich, durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes beizutragen. Das Bundesverwaltungsgericht gehe daher davon aus, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohen würde.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer sei statthaft, da dieser über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet verfüge und mehrfach in Österreich strafgerichtlich verurteilt worden sei. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan sei zulässig und das ausgesprochene Einreiseverbot vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten zumutbar sowie verhältnismäßig.

Bearbeitet von: Mag.ª Yasmin Ponesch


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