Der Beschwerdeführer ist im März 2006 geboren und hatte im Asylverfahren Verfolgung wegen der Gefahr der Einziehung zum Wehrdienst durch die syrische Armee und durch kurdische Kräfte geltend gemacht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte seine Beschwerde gegen die Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten mit der Begründung abgewiesen, dass ihm keine aktuelle Gefahr einer Einberufung zum Militärdienst in Syrien (weder durch die syrische Armee noch in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“) drohe, da er im Entscheidungszeitpunkt 16 Jahre alt sei und die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes in Syrien erst ab dem Alter von 18 Jahren bestehe.
Der Verfassungsgerichtshof hat der Beschwerde gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes stattgegeben. Begründend hält der Verfassungsgerichtshof zunächst fest, dass eine asylrelevante Verfolgungsgefahr aktuell sein und somit im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes vorliegen muss. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den Konventionsgründen zu befürchten habe (siehe VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
In weiterer Folge verweist der Verfassungsgerichtshof auf die im angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgedruckten Länderinformationen. Daraus ergebe sich für den Beschwerdeführer in wenigen Monaten die im syrischen Recht verankerte Verpflichtung, die für den Wehrdienst vorbereitenden Tätigkeiten auszuführen, und in etwas über einem Jahr habe er den Wehrdienst anzutreten. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher nicht ohne weiteres die fehlende Aktualität der Verfolgung annehmen dürfen, sondern sich im Rahmen seiner Prognoseentscheidung mit einer etwaigen asylrelevanten Verfolgung im Zusammenhang mit der vorgebrachten Einziehung zum Militärdienst in der syrischen Armee (bzw. in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“) auseinandersetzen müssen. Der Beschwerdeführer befinde sich mit knapp 17 Jahren in einem Alter, in dem eine mögliche Zwangsrekrutierung ab Erreichen des 18. Lebensjahres – auch angesichts der bereits ein Jahr davor einsetzenden staatlichen Vorbereitungsmaßnahmen – nicht allein mit dem Hinweis darauf, dass er derzeit das wehrfähige Alter von 18 Jahren noch nicht erreicht hat, als Verfolgungsgefahr ausgeschlossen werden kann.
Indem das Bundesverwaltungsgericht somit die Prüfung der vorgebrachten Gefahr einer drohenden Zwangsrekrutierung, wenn der Beschwerdeführer das wehrfähige Alter erreicht, unterlassen habe, mangle es der angefochtenen Entscheidung an einer schlüssigen Begründung, warum diesbezüglich keine asylrelevante Verfolgung vorliegt.
Bearbeitet von: Dr. Martina Lais